Was noch bei Tabula Rasa 2022 geschah...

[Vox Falconis]

In einem Bar irgendwo in Melbourne…

„Dean… denkst du, unser neuester Schützling ist wirklich schon bereit für IPW?“

Dean Rodgers schnaubt und nimmt erst einmal einen Schluck von Scotch, bevor er seinen Partner Andy Haskins antwortet. Beide sitzen direkt an der Bartheke.

Andy Haskins: „Seth Grimshaw? Aight, so sicher bin ich auch nicht, aber spielt das noch eine Rolle? Er hat jetzt ein Match gegen diese nubische Königin. Wenn er nicht bereit ist… ist er eben nicht bereit, aber dann muss er damit klarkommen. Er war jetzt lange genug bei unserer Schule, nun muss er auf seinen eigenen Füßen stehen.“

Dean Rodgers: „Yeah… wie immer hast du Recht, Andy. Er wird’s schon wissen, was zu tun ist. Nur, Andy, ich frage mich nur, ob es wirklich das Risiko wert ist, dass Brawlin‘ Bulldogs offen zu ihm stehen?“

Ein weiteres Schluck Scotch, dann schaut er über die Schultern hinweg zu Seth Grimshaw, der in einer etwas ruhigeren Ecke in Spanisch telefoniert.

Andy Haskins: „Sunshine, Dean, wir sind die Brawlin‘ Bulldogs und wir waren uns immer treu. So tun wir jetzt auch. Wir waren jahrelang eine Lachnummer oder eine Nummer, die niemand kannte. Die niemand wirklich ernst nahm. Wenn wir jetzt nicht eine klare Kante zeigen, wann dann?“

Sein Partner nickt bedächtig und folgt den Blick von Andy.

Dean Rodgers: „Yeah… und außerdem ist Seth nicht der Dümmste. Er hat ein Plan und selbst ich muss zugeben, es ist sogar etwas, was mir auch gefallen würde…“

Andy Haskins: „Genau und, hey, es ist ja nicht so, dass wir diese Handlanger für ihn spielen werden. Wir schubsen ihn an und wenn es notwendig ist, aber lassen uns auf keinen Fall von ihm was sagen. Er ist ehrgeizig, aber auch arrogant.“

Dean Rodgers: „Solange er dann nicht weg von seinem eigentlichen Vorhaben abgelenkt wird…“

Andy Haskins: „Du meinst, dass er sich dann unnötig mit dieser Nubia Skye beschäftigen wird, obwohl sie ihm null interessiert? Diese Frau beherrscht ja schon diese Social Media und schießt ein paar Kommentare auf ihn ab.“

Dean Rodgers: „Das auch, aber ich rede eigentlich von seiner mexikanischen Freundin, die offenbar viel Aufmerksamkeit von ihm abnötigt.“

Entsprechend deutet er mit dem Daumen ebenso über der Schulter auf den Mann aus Phoenix, der immer noch schwer beschäftigt ist, ein Telefonat mit vielen Gesten zu halten.

Andy Haskins: „Aight… wir werden dann schon sehen, wohin das Ganze noch hinführen wird, Dean. Wir haben ihn ausgebildet und unterrichtet, da muss doch schon noch irgendetwas heißen.“

Dean Rodgers: „Amen…“

Beide stoßen die Shot-Gläser an, während Seth seufzend das Telefonat endlich beendet…

[Limoon]

**DING**DING**DING**

Die Stimme der Ringsprecherin ertönt:

„Siegern in diesem Match durch Pinfall, Nubia Skye!“

Besagte Frau erhebt sich vom Ringboden, ihr rechter Arm wird von der Ringrichterin hinauf gezogen, ehe er auch schon wieder weggerissen wird. Stattdessen reißt Nubia beide Arme hinauf, lässt die Muskeln ihrer Oberarme spielen und lächelt selbstgefällig dem Publikum entgegen. Während ihr Theme, „Spitfire“ spielt, ist das, was sich im Inneren der Göttin abspielt, viel mehr als nur ein Stichfeuer. Es ist ein Feuer, welches selbst die großen Waldbrände in den Schatten stellen würde. Aber es ist kein Feuer des Ehrgeizes oder des Eifers.

Es ist Wut.

Ihrer Mimik sieht man nichts an. Für das Publikum ist sie nach wie vor die arrogante, selbstüberzeugte und unnahbare Frau, wie sie sich selbst immer präsentiert. Aber hinter ihrer Fassade bröckelt der Schein.

Nachdem ihr Gegner den Ring verlassen hat, verlässt auch Nubia den Ring und macht sich auf den Weg zurück in den Backstage-Bereich. Am nächstbesten Stand schnappt sie sich eine Wasserflasche, welche beim Trinken schon fast durch ihre Hand zerquetscht wird, während im Stillen ihre Gedanken freie Bahn haben.

„Nimmt man mich hier überhaupt ernst?“ ist die immer wiederkehrende Frage, mit welcher sie von ihrer inneren Stimme traktiert wird. Scheinbar werden auch Königinnen hin und wieder einmal von Selbstzweifeln geplagt. Glücklicherweise denkt sie die Frage nur und stellt sie nicht laut. Das wäre ja wirklich eine Blamage!

„Ich hab‘ gewonnen, aber das war keine Glanzleistung. Den Sieg hat man mir ja förmlich geschenkt.“ Sie schüttelt ihren Kopf, pfeffert die inzwischen leere Wasserflasche mit Wucht in die Mülltonne, ehe sie sich auf den Weg in Richtung der Umkleide macht.

„Ich muss besser werden. Vielleicht… ja, ich brauche jemanden, der mich trainiert. Aber nicht irgendjemanden. Jemand der weiß, was sie will und sich nicht einschüchtern lässt. Jemanden mit Erfahrung, Wissen und..." Das Ende des Satzes könnte für jemanden, der sich eigentlich fast schon herzlos darstellt, schockierend wirken: "... Herz."

Mit einem frischen Handtuch tupft sich Nubia den Schweiß ab, ehe sie in Richtung der Office-Büros läuft. Alle um sie herum scheinen anderweitig beschäftigt zu sein, sodass man ihr keine Beachtung schenkt. Ausnahmsweise scheint es der nubischen Göttin auch egal zu sein, dass die Aufmerksamkeit nicht auf ihr liegt. Zu sehr brodelt es in ihrem Inneren, als dass sie sich damit beschäftigen will.

Zwei Mal klopft sie in schneller Frequenz an die Tür, ehe sie jene halb öffnet, um Kopf und Oberkörper durchzustrecken. Auf dem Weg dortin waren ihr die Trainer der IPW durch den Kopf gegangen. The Brawlin‘ Bulldogs – nein, sie ist kein Team-Player. El Luchador Oscuro – sie respektiert die Kunst der Luchadores, aber dort sieht sie sich nicht. Nein, es braucht jemand anderen.

„Hey, sorry für die Störung. Könnte ich bitte die Nummer von Melina haben?“