Grundsätzlich lässt sich die Frage gar nicht beantworten, weil das Wrestling an sich schon immer offen war. Natürlich kann nicht jeder zum WWE Superstar aufsteigen, aber es gibt sicher massenhaft betrunkene Rednecks in Texas mit einem Trampolin im Garten und die backyarden sich da die Knochen kaputt, halten sich aber für Wrestler. Wer will Ihnen das streitig machen?
Also gerade was das Training und Ausbildung angeht, gibt es sicherlich ganz große Unterschiede. Das lässt sich dann nicht verallgemeineren, da auch bestimmte Trainer mit ihren Dojos dann auch gerne mal ganz eigene Philosophien vertreten und dann in ihrem Training ein- und durchsetzen. Das geht über Style bis hin zu Verhaltensregeln etc.
Zu der erwähnten Doku muss ich dann aber dann doch noch ein paar Takte sagen. Hier wird von "GAEA Girls" gesprochen, eine Doku die jeder, der ein Suchfeld bedienen kann, bei Youtube finden kann. Die Doku ist durchaus zu empfehlen, aber man sollte dann doch dazu wissen, dass die bereits im Jahre 1999 gefilmt wurde. Die ist also fast 20 Jahre alt. Seither hat sich eine Menge, vor alle im japanischen Joshibereich, getan. Ab ca. 2003 ging es mit dem Joshi aber mal massiv bergab, was Popularität und Zuschauerzahlen anging. Das hatte Folgen. 2003 schloss direkt Arsion, 2005 folgten AJW und GAEA. Danach war dann erstmal echte Wüste angesagt und Joshi hat sich da nicht so wirklich von erholt. Die Härte, die die GAEA Mädels an den Tag legten, ist heute gar nicht mehr denkbar. Selten findet man heute noch japanische Wrestlerinnen, die wirklich nur vom reinen Wrestling leben können. Merchandise ist enorm wichtig und oft genug haben die noch richtige Jobs. Da können die sich nun nicht mehr wegstiffen, wie das noch in den Neunzigern Alltag war. Verletzungen sind absolutes No-Go.
Das gilt natürlich auch vor allem auch für die Dojos. Die hatten seither sicherlich keinen Massenandrang an Rookies. DIe sind froh, wenn da überhaupt mal jemand aufkreuzt. Daher ist es ja nun auch schon seit einer Dekade im Joshi durchaus normal, dass man sehr junge Trainees aufnimmt, also durchaus auch Neunjährige. Kids Fighter, wie man das so nennt. Die Wrestlerin Riho ist 21 Jahre alt und hat 12 Jahre Ringerfahrung. Do the math.
Die Dojohärte hat also mit Sicherheit abgenommen und dürfte von Dojo zu Dojo unterschiedlich sein. Ich kann vor allem vom Joshi reden und wenn ich an den Stardom Dojo denke, dann glaube ich, dass die wirklich JEDE nehmen und auch einsetzen würden. Da sind ein paar Mädels ins Geschäft gekommen, die imo nichts im Ring verloren haben. Einen Trainerveteranen haben die derzeit afaik auch nicht. Dann gibts natürlich auch Gegenbeispiele wie Sendai Girls, eine Promotion, die von Meiko Satomura geführt wird. Deren Dojo sehe ich als den besten Joshi Dojo, was da rauskam war nicht komplett schlecht bis echt gut. Satomura ist auch als eine der GAEA Girls in der Doku zu sehen (so herrlich knuddelig jung damals), aber auch da war schon klar, dass sie knallhart ist. Das wird heute sicher nicht mehr so krass sein, aber zimperlich wird sie mit ihren Mädels auch nicht umgehen. Da gibts sicher auch ne Menge Tough Love.
Dass Trainees in Japan direkt im Dojos leben ist jetzt kein NJPW Ding, wie Drew hier meint. Das war früher bei allen großen Ligen Gang und Gebe, dass Wrestler mit den Trainees im Dojo lebten. Wirklich viel Bezahlung kriegen die da auch nicht. Gerade am Anfang. Jeder Trainee war im Grunde eine Investition des Liga, da die denen Unterkunft, Essen, Wasser, Strom etc. bezahlen, solange die im Dojo trainieren und leben. So ein Training kann mehrere Monate bis zu einem Jahr dauern. Geht natürlich nach Debut noch weiter. All diese Zeit muss die Liga den Trainee durchfüttern. Dementsprechend sind die Trainees auch für den Dojo zuständig. Das heisst, die putzen, waschen, kochen und leben gemeinsam dort. Das habe ich auch aus anderen Dojos etc. gesehen. Wenn man aber z.B. Twitteraccounts von Marvelous (dem aktuellen Projekt von Chigusa Nagayo) oder Sendai Girls verfolgt, bekommt man auch sporadisch ein paar Dojoimpressionen geliefert.
Man muss auch nicht mehr davon ausgehen, dass die Leute direkt im Dojogebäude leben. Da ist man heute sicher auch etwas flexibler bzw. muss es sein.
Wenn man aber von Japandojos ausgeht, dann kann man durchaus sagen, die sind offener geworden. Schlicht und ergreifend deswegen, weil die nicht mehr so viele Anwärter bekommen. Jeden nehmen die auch nicht, bei NJPW muss man afaik zur Aufnahme 500 oder 1000 Squads machen, weiß nicht mehr die genaue Anzahl. Ist jedenfalls brutal. Andererseits sieht man nun aber auch mehr Gaijns als noch vor 10 oder 20 Jahren. Prince Devitt wäre da ein Beispiel, aber auch mit Heidi Katrina ist bereits eine Weile eine Engländerin offiziell bei Sendai Girls unter Vertrag und trainiert dort im Dojo. Nyla Rose aus dem USA ist afaik auch mehrere Monate im Jahr bei Marvelous im Dojo und lebt dort. Zudem erwähnte ich ja bereits, dass man in Joshi nun die Mädels schon viel früher trainiert und in den Ring schickt als noch vor 20 Jahren. Das hat den lustigen Nebeneffekt, das bei Ice Ribbon Hamuko Hoshi gehen ihre 15jährige Tochter antreten kann.
Pro Wrestling Wave hatte sogar begonnen, neben Frauen auch Männer zu trainieren und hat sogar mit ASUKA eine transsexuelle Wrestlerin im Roster. Also durchaus positiv "offen".
Wenn ich mich recht erinnern kann, gab es auch vor einigen Jahren einen kleinen Skandal, als Kensuke Office / Diamond Ring (Projekt von Kensuke Sasaki, Katsuhiko Nakajima dürfte größter Star des Projekts sein) Trainees öffentlich über zu hartes Training und Mobbing sich beklagten, was mehr oder weniger zum Ende von Diamond Ring wurde und auch Sasaki danach nicht mehr lange im Business war. Seine Frau Akira Hokuto hatte da auch ein paar unschöne Worte für die Trainees übrig.
Aber einen derartigen Skandal will auch niemand an der Backe haben. Gerade Mobbing und Hazing wird nun in der japanischen Kultur ernster genommen.
PS: Lance Storm mit Schule in den USA? Tz tz tz.. weiß er - als Kanadier - denn davon?
j/k