Tour de France
Verfasst: Do 16. Jul 2015, 03:04
Was wurde doch in den letzten Jahren im Radsport beteuert, versprochen und geschworen: Doping gehört der Vergangenheit an!
Endlich.
Heute, im Jahre 2015, und während derzeit die 102. Austragung der Tour de France läuft, sind selbstverständlich alle teilnehmenden Fahrer sauber. Wurde auch Zeit. Man hat aus den boshaften Verfehlungen der Vergangenheit gelernt und das Peloton ist heute absolut clean.
Kein Interview mit einem deutschen Rad-Profi in den letzten Jahren, dass nicht an irgendeiner Stelle auf den allgegenwärtigen Doping-Generalverdacht abzielte und Skepsis aufkommen lies, ob sich denn tatsächlich was verändert hat, bei den strampelnden Drahtesel-Suchtis.
Sicher hat sich was verändert. In kaum einer anderen Sportart, gibt es offiziell so strenge und regelmäßige Doping-Kontrollen. Und man will sie ja auch nur allzu gerne glauben, die Beteuerungen der Greipels, Degenkolbs, Kittels und Martins. Ich? Nein. Nie gedopt. War alles vor meiner Zeit. Leider müssen wir das ausbaden, was die Generation vor uns verbockt hat.
Gekonnt schieben die heutigen Spitzenfahrer den schwarzen Peter auf die Armstrong/Pantani/Ullrich-Generation. Jene Zeit also, in der beinahe das gesamte Tour-Peloton systematisch gedopt war, und es eher eine Ausnahme war, wenn sich ein Fahrer dem Gruppenzwang der illegalen Leistungssteigerung verweigert hat.
Mittlerweile sind die Helden jener Tage geächtet und wurden teilweise auch bestraft. Und jeder Radprofi, weiß auch genau, was auf ihn zukommt, sollte er des Dopings überführt werden.
Also ist heute alles besser?
Allgemein sollte zunächst einmal die Unschuldsvermutung für alle Fahrer gelten. Schlimmer konnte es eh nicht werden, denn bis vor einigen Jahren, waren viele der Spitzenfahrer dermaßen vollgepumpt mit verschiedensten stimulierenden Substanzen, wie man es ansonsten nur von Finanzspritzen an Griechenland kennt. In den Jahren der vielen „überraschenden“ Enthüllungen, wurde dem Radsport dermaßen massiv geschadet, dass man sich in der Öffentlichkeit teilweise komplett abgewandt hat, sodass dann eben nach und nach, auch jeder seriöse Sponsor, der nicht direkt etwas mit dem Radsport zu tun hatte, sich aus diesem Geschäft dankend verabschiedet hat. Selbstredend moralisch unbefleckt, man hat ja schließlich nie etwas von den Machenschaften der anderen UCI Pro-Teams oder des eigenen Teams gewusst. Die Budgets der Teams brachen völlig ein, nicht zuletzt, weil die Vermarktungsmöglichkeiten im TV wegfielen.
Der Logik entsprechend, müsste das doch zwangsläufig dazu führen, das man in der Szene die Zeichen der Zeit erkannt hat und die offensiv nach außen hin proklamierte Anti-Doping Politik, auch strikt einhält.
Und die stoisch immer wieder vorgetragenen „Ich bin sauber!“-Bekundungen vieler Stars, führten ja dann auch dazu, das man zum Beispiel bei der ARD, die Tour wieder ins Programm genommen hat.
Warum auch nicht? Was gibt es schöneres, als eine Gruppe von rund 200 Radfahrern dabei zu zeigen, wie sie mit vollem Tempo durch Frankreichs, teilweise immer noch unberührte Natur und Landschaft, düsen? Brisant? Sturm der Liebe? Mitten im Leben? Pffffffff. Um diese Tageszeit, noch dazu im Hochsommer, ist die Tour definitiv ein jährlich wiederkehrendes Highlight, auch wenn es natürlich meistens nur für einige Minuten richtig spannend wird, und der Rest einer Etappe, im Grunde nur daraus besteht, sich von den kommentierenden Experten, alles mögliche darüber erzählen zu lassen, wo dieser Fahrer sonst so während dieser Saison gefahren ist, oder was jener Fahrer ansonsten noch vorzuweisen hat, außer seinem aktuellen 97. Platz bei der Tour.
Und trotzdem, das Thema Doping lässt den Radsport nicht los. Und wie könnte es auch? Wenn man sich erst einmal vor Augen hält, was jeder einzelne Fahrer, nach 21 Etappen und drei Wochen quälender Tour quer durch Frankreich, leisten muss, bevor er auf die Champs Elysees einfahren darf und die Ziellinie sieht, erübrigen sich im Grunde genommen doch sehr viele Diskussionen darüber, ob es gelingen wird, diese Sportart komplett vom "Übel" Doping befreien zu können. Otto Normalverbraucher könnte sich literweise Eigenblut und EPO spritzen lassen. Aber die Anstiege zum Tourmalet oder nach L´Alpe d´Huez ziehen sich trotzdem ein kleines bisschen und man kann da schon mal aus der Puste kommen, oder "schwere" Beine bekommen. Auch wenn man ein paar Tage zuvor gekokst hat, wie mutmaßlich Luca Paolini, der vor wenigen Tagen deswegen aus dem Verkehr gezogen wurde, und somit der erste enttarnte Doper ist, seit man Fränk Schleck vor drei Jahren auffliegen lies.
Genau das ist die große Tragik, das eigentliche Dilemma des Radsports, das über die vielen Doping-Affären, der eigentliche Respekt dafür verloren ging, was ein Radfahrer, der die Tour bestreitet, leistet. Welche Qualen er erleiden muss. Und welche Disziplin es erfordert, diese endlos anmutende Tortur durchzuhalten bis ins Ziel. Abgeschlagen unter ferner liefen, mit mehreren Stunden Rückstand auf den Gesamtsieger.
Ach, die sind doch eh alle gedopt.
Lässt diese, gefühlt millionenmal, gehörte Aussage nicht offensichtlich den Vorwurf mitschwingen, dass die Contadors, Nibalis und Schleck´s dort im Grunde nicht viel leisten, und wenn, dann nur weil Doping, Red-Bull-mäßig Flügel verleiht?
Im Prinzip haben die Doppelmoral der Medien einerseits, und die Naivität der Öffentlichkeit andererseits, den Radsport erst zudem gemacht, was er heute ist. Und was er war. Ursache und Wirkung, Opfer und Täter, beim nüchternen Blick auf die Radsportszene verschwimmen die Grenzen sichtbar und werden immer einen faden Beigeschmack hinterlassen.
Wer sich mit dem aktuell führenden Christopher Froome beschäftigt, wird auch schnell gewisse Parallelen zum 7-maligen Tour Sieger Armstrong finden, und dass Froome vor 2 Jahren beim Anstieg auf den Mont Ventoux nur 2 Sekunden langsamer war, als der nach seiner Karriere verdammte und geächtete Armstrong, lässt sehr tief blicken. Und wer soll glauben, dass dieser Fahrer jetzt, die selbe Leistung, wie der damals zugedröhnte Seriensieger, ohne Doping schaffte?
Heute geht´s bei der Tour rauf auf das Plateau de Beille, und Froome kündigte bereits im Vorfeld an, das dies eine entscheidende Etappe sei, auf dem Weg zum Gesamtsieg. Sollte er also dort nicht einbrechen, und das kann man sich kaum vorstellen, nach dem er auf der gestrigen 11. Etappe seinen Vorsprung nur passiv verteidigt hat, so wird man morgen vielleicht schon den Sieger der diesjährigen Tour kennen.
Das es unter dem Strich jedoch ein sauberer Tour-Sieg ohne Doping sein wird, darf jetzt schon getrost bezweifelt werden.
Eher könnte man ganz frei von Sarkasmus darüber spekulieren, was aktuell in der Szene angesagt ist, und welche geheimen Wunder-Mittelchen verabreicht werden. Oder mit welchen Medikamenten Froome behandelt wurde, als er vor einigen Jahren an einem Tropenfieber erkrankte und nach seiner Genesung eine enorme Leistungsexplosion vorweisen konnte.
Der Wille versetzt Berge? Mitnichten, denn bei der Tour de France zeigen sich die Berge Jahr für Jahr eher eigenwillig und unverrückbar. Das werden die teilnehmenden Fahrer auch heute wieder deutlich zu spüren bekommen, ob sie denn gedopt sind oder nicht. In diesem Sinne, allez allez!
Endlich.
Heute, im Jahre 2015, und während derzeit die 102. Austragung der Tour de France läuft, sind selbstverständlich alle teilnehmenden Fahrer sauber. Wurde auch Zeit. Man hat aus den boshaften Verfehlungen der Vergangenheit gelernt und das Peloton ist heute absolut clean.
Kein Interview mit einem deutschen Rad-Profi in den letzten Jahren, dass nicht an irgendeiner Stelle auf den allgegenwärtigen Doping-Generalverdacht abzielte und Skepsis aufkommen lies, ob sich denn tatsächlich was verändert hat, bei den strampelnden Drahtesel-Suchtis.
Sicher hat sich was verändert. In kaum einer anderen Sportart, gibt es offiziell so strenge und regelmäßige Doping-Kontrollen. Und man will sie ja auch nur allzu gerne glauben, die Beteuerungen der Greipels, Degenkolbs, Kittels und Martins. Ich? Nein. Nie gedopt. War alles vor meiner Zeit. Leider müssen wir das ausbaden, was die Generation vor uns verbockt hat.
Gekonnt schieben die heutigen Spitzenfahrer den schwarzen Peter auf die Armstrong/Pantani/Ullrich-Generation. Jene Zeit also, in der beinahe das gesamte Tour-Peloton systematisch gedopt war, und es eher eine Ausnahme war, wenn sich ein Fahrer dem Gruppenzwang der illegalen Leistungssteigerung verweigert hat.
Mittlerweile sind die Helden jener Tage geächtet und wurden teilweise auch bestraft. Und jeder Radprofi, weiß auch genau, was auf ihn zukommt, sollte er des Dopings überführt werden.
Also ist heute alles besser?
Allgemein sollte zunächst einmal die Unschuldsvermutung für alle Fahrer gelten. Schlimmer konnte es eh nicht werden, denn bis vor einigen Jahren, waren viele der Spitzenfahrer dermaßen vollgepumpt mit verschiedensten stimulierenden Substanzen, wie man es ansonsten nur von Finanzspritzen an Griechenland kennt. In den Jahren der vielen „überraschenden“ Enthüllungen, wurde dem Radsport dermaßen massiv geschadet, dass man sich in der Öffentlichkeit teilweise komplett abgewandt hat, sodass dann eben nach und nach, auch jeder seriöse Sponsor, der nicht direkt etwas mit dem Radsport zu tun hatte, sich aus diesem Geschäft dankend verabschiedet hat. Selbstredend moralisch unbefleckt, man hat ja schließlich nie etwas von den Machenschaften der anderen UCI Pro-Teams oder des eigenen Teams gewusst. Die Budgets der Teams brachen völlig ein, nicht zuletzt, weil die Vermarktungsmöglichkeiten im TV wegfielen.
Der Logik entsprechend, müsste das doch zwangsläufig dazu führen, das man in der Szene die Zeichen der Zeit erkannt hat und die offensiv nach außen hin proklamierte Anti-Doping Politik, auch strikt einhält.
Und die stoisch immer wieder vorgetragenen „Ich bin sauber!“-Bekundungen vieler Stars, führten ja dann auch dazu, das man zum Beispiel bei der ARD, die Tour wieder ins Programm genommen hat.
Warum auch nicht? Was gibt es schöneres, als eine Gruppe von rund 200 Radfahrern dabei zu zeigen, wie sie mit vollem Tempo durch Frankreichs, teilweise immer noch unberührte Natur und Landschaft, düsen? Brisant? Sturm der Liebe? Mitten im Leben? Pffffffff. Um diese Tageszeit, noch dazu im Hochsommer, ist die Tour definitiv ein jährlich wiederkehrendes Highlight, auch wenn es natürlich meistens nur für einige Minuten richtig spannend wird, und der Rest einer Etappe, im Grunde nur daraus besteht, sich von den kommentierenden Experten, alles mögliche darüber erzählen zu lassen, wo dieser Fahrer sonst so während dieser Saison gefahren ist, oder was jener Fahrer ansonsten noch vorzuweisen hat, außer seinem aktuellen 97. Platz bei der Tour.
Und trotzdem, das Thema Doping lässt den Radsport nicht los. Und wie könnte es auch? Wenn man sich erst einmal vor Augen hält, was jeder einzelne Fahrer, nach 21 Etappen und drei Wochen quälender Tour quer durch Frankreich, leisten muss, bevor er auf die Champs Elysees einfahren darf und die Ziellinie sieht, erübrigen sich im Grunde genommen doch sehr viele Diskussionen darüber, ob es gelingen wird, diese Sportart komplett vom "Übel" Doping befreien zu können. Otto Normalverbraucher könnte sich literweise Eigenblut und EPO spritzen lassen. Aber die Anstiege zum Tourmalet oder nach L´Alpe d´Huez ziehen sich trotzdem ein kleines bisschen und man kann da schon mal aus der Puste kommen, oder "schwere" Beine bekommen. Auch wenn man ein paar Tage zuvor gekokst hat, wie mutmaßlich Luca Paolini, der vor wenigen Tagen deswegen aus dem Verkehr gezogen wurde, und somit der erste enttarnte Doper ist, seit man Fränk Schleck vor drei Jahren auffliegen lies.
Genau das ist die große Tragik, das eigentliche Dilemma des Radsports, das über die vielen Doping-Affären, der eigentliche Respekt dafür verloren ging, was ein Radfahrer, der die Tour bestreitet, leistet. Welche Qualen er erleiden muss. Und welche Disziplin es erfordert, diese endlos anmutende Tortur durchzuhalten bis ins Ziel. Abgeschlagen unter ferner liefen, mit mehreren Stunden Rückstand auf den Gesamtsieger.
Ach, die sind doch eh alle gedopt.
Lässt diese, gefühlt millionenmal, gehörte Aussage nicht offensichtlich den Vorwurf mitschwingen, dass die Contadors, Nibalis und Schleck´s dort im Grunde nicht viel leisten, und wenn, dann nur weil Doping, Red-Bull-mäßig Flügel verleiht?
Im Prinzip haben die Doppelmoral der Medien einerseits, und die Naivität der Öffentlichkeit andererseits, den Radsport erst zudem gemacht, was er heute ist. Und was er war. Ursache und Wirkung, Opfer und Täter, beim nüchternen Blick auf die Radsportszene verschwimmen die Grenzen sichtbar und werden immer einen faden Beigeschmack hinterlassen.
Wer sich mit dem aktuell führenden Christopher Froome beschäftigt, wird auch schnell gewisse Parallelen zum 7-maligen Tour Sieger Armstrong finden, und dass Froome vor 2 Jahren beim Anstieg auf den Mont Ventoux nur 2 Sekunden langsamer war, als der nach seiner Karriere verdammte und geächtete Armstrong, lässt sehr tief blicken. Und wer soll glauben, dass dieser Fahrer jetzt, die selbe Leistung, wie der damals zugedröhnte Seriensieger, ohne Doping schaffte?
Heute geht´s bei der Tour rauf auf das Plateau de Beille, und Froome kündigte bereits im Vorfeld an, das dies eine entscheidende Etappe sei, auf dem Weg zum Gesamtsieg. Sollte er also dort nicht einbrechen, und das kann man sich kaum vorstellen, nach dem er auf der gestrigen 11. Etappe seinen Vorsprung nur passiv verteidigt hat, so wird man morgen vielleicht schon den Sieger der diesjährigen Tour kennen.
Das es unter dem Strich jedoch ein sauberer Tour-Sieg ohne Doping sein wird, darf jetzt schon getrost bezweifelt werden.
Eher könnte man ganz frei von Sarkasmus darüber spekulieren, was aktuell in der Szene angesagt ist, und welche geheimen Wunder-Mittelchen verabreicht werden. Oder mit welchen Medikamenten Froome behandelt wurde, als er vor einigen Jahren an einem Tropenfieber erkrankte und nach seiner Genesung eine enorme Leistungsexplosion vorweisen konnte.
Der Wille versetzt Berge? Mitnichten, denn bei der Tour de France zeigen sich die Berge Jahr für Jahr eher eigenwillig und unverrückbar. Das werden die teilnehmenden Fahrer auch heute wieder deutlich zu spüren bekommen, ob sie denn gedopt sind oder nicht. In diesem Sinne, allez allez!