Aktuelle Lektüre - Volume II

Diskutiert hier über Gott und die Welt und alle Themen die sonst nirgendwo reinpassen. Achtung: Spamthreads sind zu unterlassen!
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#11

Beitragvon Detoxx » Sa 13. Jun 2015, 12:10

Es geht gewissermaßen darum, dass wer nichts produziert oder konsumiert, überflüssig ist. Es wird immer postuliert, dass es eine Knappheit der Güter gäbe, die selbst ein Marx noch gesehen hat. Tatsächlich weiß man heute recht sicher, dass man problemlos 12 Mrd Menschen durchbringen könnte mit dem, was heute an Gütern hergestellt wird. Trotzdem hungern gut 1 Mrd Menschen, also ein Siebtel der Weltbevölkerung.
Aber das Problem ist auch schon in unseren Ländern zu sehen, in denen die Arbeit wieder zunehmend dereguliert und unsicherer gemacht wird, Langzeitarbeitslosigkeit grassiert, und selbst die Habenichtse mit billigen Krediten noch zum Konsum getrieben werden, solange es eben noch geht.
Und dann? Dann sind sie nicht mehr interessant und werden aussortiert. Sie "leisten" ja nichts mehr. Die öffentliche Meinung wird dahingehend massiv beeinflusst, diese Menschen auch als irgendwie minderwertig anzusehen. Hätten sich doch auch ein bisschen anstrengen können. Sogar Feindbilder werden da erzeugt. Und wenn täglich Tausende Menschen an den Tafeln anstehen, um unseren aus dem Überfluss übrigen "Müll" zum Essen zu bekommen, dann sind diese auch schon in eine Art Parallel-Welt ausgesondert worden. Sie nehmen nicht mehr am normalen Leben Teil, sind nicht mehr dort, wo "normale" Menschen sind. Und so gesehen sind die Tafeln leider, wirklich leider, eine Befeuerung dieses Problems. Denn die Regierung nimmt sich aus diesem Thema zunehmend raus, weil sich ja schon irgendwie drum gekümmert wird.

Was das Zombie-Thema betrifft, wird zunächst mal festgestellt, dass sämtliche Dystopie-Themen heute so angesagt sind wie noch nie. Selbst Jugendliche saugen Geschichten über eine grässliche Welt wie in Die Tribute von Panem in sich auf. Es ist die Koketterie mit der Apokalypse, als könnten wir es kaum erwarten. "Gehn ma halt ein bisserl uner, Mit Tsching-tsching in Viererreihn. Immer lustig, fesch und munter, Gar so arg kann's ja net sein." (Jura Soyfer, Weltuntergang)
Und es wird gefragt, warum das so ist. Naheliegend ist die Erklärung, dass die katastrophalen Entwicklungen, die zu diesen Blockbuster-Szenarien führen, heute in der Realität bereits in vollem Gange sind. Früher waren es nukleare Kriege, heute eben eher Epidemien oder Klimaumwälzungen. Andererseits funktionieren solche Geschichten auch als Negativ, weil davor die eigenen Herausfordrungen, Konkurrenzdruck und Belastungen verblassen. Wenn Du den Horror auf der Leinwand siehst, versöhnst Du Dich eher mit der Dystopie light Deiner Gegenwart. Wie Obdachlose, die uns vor Augen führen, wie tief wir tatsächlich fallen können, wenn wir nicht aufpassen, spuren, schuften.
Das krasse dabei ist aber die Entmenschlichung der "anderen". Die Auszurottenden, sind nicht mehr Nazis oder Sklavenjäger, um die Gewaltorgien gegen sie erträglich zu machen. Und da kommt das Zombie-Thema, in dem die humanitären Hüllen fallen:

Zunächst versuchen die Überlebenden, vor den vielen Zombies zu fliehen, weil die Erinnerung an die gemeinsame Zeit mit diesen Mitmenschen noch gegenwärtig ist. Diese Scheinsentimentalität verblasst aber irgendwann, und es geht nur noch darum, diese überflüssigen, hässlichen Scheinlebenden möglichst effizient zu vernichten. Das eigentliche Opfer wird zum Feind der Gesunden. Und je größer die Umzingelung, umso radikaler stellt sich die Frage der Selbstverteidigung, notfalls sogar einen der "Gesunden" zu töten, wenn er zur Gefahr für die Gruppe werden könnte. Aber zum Glück sind die Zombies ja äußerlich so überzeichnet, dass der Zombie in jedem von uns dagegen harmlos wirkt.
Schockierend ist das Aussehen der Zombies insofern, dass sie teilweise Noma-Kranken ähneln (Google fragen, aber es ist wirklich keine schöne "Recherche"). Unterernährte Menschen mit geschwächtem Immunsystem, denen Mikroorganismen so das Gesicht zerfressen können. Auf die Entstellung erfolgt Ausgrenzung, sogar aus der Familie und Vertreibung. Diese Menschen haben entsetzliche Schmerzen und verwahrlosen allein gelassen, bis sie eben sterben. Das trifft meistens Kinder.
Im Übrigen ist diese Krankheit im offiziellen Bericht der Weltbank garnicht aufgeführt. Hunderttausende Kinder sterben jährlich an einer nicht existenten Krankheit. - Aber das nur am Rande.

Uns bedrohen also nicht ansteckende Krankheiten, sondern die Kranken. Und wenn dann in The Walking Dead einem Zombie der Kopf weggeblasen wird, reagieren wir erleichtert oder befriedigt, werden also zum Komplizen eines Kampfes um Leben oder Tod. Irgendwann haben wir das verinnerlicht: Die Unmenschlichen zwingen uns, Unmenschliches zu tun, da wird auch mal ein Zombie aufgeschnitten um zu sehen, was er so gegessen hat.
Das ist auch nichts wirkliches Neues, sondern Teil der Selbstrechtfertigung aller imperialen und kolonialen Aggression.

Nicht die Moral des Helden ändert sich, sondern die der Zuschauer, die die Einsicht erlangen, dass die ekligen und bedrohlichen Opfer des Untergangs massakriert werden müssen. Rette sich wer halt kann.


Ich selbst hab mir so Zeug nie geben können, hauptsächlich weil ich da ein wenig zartbesaitet bin. Dennoch habe ich nie verstanden, wie dieses Thema so lange und vor allem so vielfältig erfolgreich bleiben kann. Zumal es immer, wirklich immer das gleiche Schema ist. Und in meinen Augen zumal abgrundtief bescheuert. Warum man das nicht müde wird? - Möglicherweise ist das eine Erklärung. Es leuchtet zumindest irgendwo ein, und mich lässt es auch grübeln.



Aber das ist nur ein kurzes Kapitel in diesem paar 80 Seiten Buch, was vielmehr auf die Problematik des Spätkapitalismus abzielt. Hier ein kurzes Interview dazu: https://www.youtube.com/watch?v=N8wcACnEoAE
Zuletzt geändert von Detoxx am Sa 13. Jun 2015, 12:32, insgesamt 1-mal geändert.
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#12

Beitragvon Movado » Sa 13. Jun 2015, 12:46

[quote=""Detoxx""]Dennoch habe ich nie verstanden, wie dieses Thema so lange und vor allem so vielfältig erfolgreich bleiben kann. Zumal es immer, wirklich immer das gleiche Schema ist. Und in meinen Augen zumal abgrundtief bescheuert. Warum man das nicht müde wird? - Möglicherweise ist das eine Erklärung. Es leuchtet zumindest irgendwo ein, und mich lässt es auch grübeln.[/quote]

Nun es bleibt als Teil der Unterhaltung einfach präsent. Die Szenarien lassen sich mit Modifikationen auf nahezu jedes phantastische Genre der Literatur (SF, Mystery, Horror, Urban Fantasy oder High Fantasy) übertagen. Und die hat nach wie vor ihre Existensberechtigung als Unterhaltung. Den in den allermeisten Fällen soll so etwas nur den Ausstieg aus dem Alltag ermöglichen.
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#13

Beitragvon Detoxx » Sa 13. Jun 2015, 15:55

Klar, aber das sind Wrestling und My little Pony auch. :)
Also warum greift gerade DAS so massenhaft erfolgreich und so anhaltend? Das ist mein Fragedings. Und unfassbar kreative Modifikationen dieses Themas sind zumindest mir noch nicht untergekommen. Wenngleich ich da natürlich nicht so tief drin bin.
Nebenbei gab es dazu ein paar erstaunlich gute Sätze in "A World Beyond", als der Meisterschurke seine "Ich verrate meine Motive"-Minute hatte.
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Beitragvon Hirnklops » Sa 13. Jun 2015, 22:15

Unfassbar kreative Varianten des Zombie-Themas:

- Fido: Gute Tote sind schwer zu finden (US-Komödie)
Zombies als billige Arbeitskräfte. Bis(s) einer durchdreht.

- The Returned (Les Revenants, franz. Serie)
Keine klassischen Zombies, aber Menschen, die teils nach Jahrzehnten einfach so "wieder da" sind. Sehr, sehr geil.

- Der neue Film mit Schwarzenegger, dessen Name mir gerade entfallen ist (Gloria???)
Arnies Tochter wird von nem Zombie gebissen, und er kriegts nicht übers Herz, die Kleine abzuknallen und lebt mit ihr zusammen.

Zombies sind die neuen Vampire. In den 60ern warens Vampire, davor Cowboys und Indianer, in den 70ern knallharte Schwarze, in den 80ern "Lone Wolf"-Helden, in den 90ern... Alles Mögliche. Es gibt halt so Trends. Zombies halten sich einfach schon ewig und drei Tage, weil die Filma a) billig zu produzieren sind und man b) mit einer einfachen Portion Splatter schon verdammt viele Käufer kriegt. Da alle paar Jahre mal ein Blockbuster mit Zombies vorbei kommt, und das Thema dadurch neu befeuert, hatte es nie eine richtige Chance, kaputt zu gehen. Schätze, es braucht einen "Twilight"-artigen Ansatz, um den Zombie kaputt zu machen... Diese Scheiße hat es mit Vampiren geschafft, die viel krasser sind, da kriegt irgendeine seichte Autorin sicherlich auch den Zombie klein. "50 Shades of BRRRAAAAAAAIIIIIIIIN" mit Jimmy Blue Ochsenknecht lässt die Schlübber 17jähriger Mädels und alleinstehender Mitt-Fünfzigerinnen schon jetzt durchweichen. Ich gehe mich erbrechen und für den Gedankengang mit der guten, alten Stihl ritzen.
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Beitragvon Movado » Sa 13. Jun 2015, 22:49

Muss ich Klops recht geben. Früher warens Vampire heuer sinds Zombies. Selbst bei den 3 BücherCons auf denen ich bisher war hat sich das abgezeichnet das von Vampiren zu Zombies geswitched woren ist. Warum kann ich nicht beantworten. Aber irgendwie gibt es in der Phantastikszene alle 2 bis 3 Jahre mal so einen Trend der eigentlich aus dem Horror/ Schocker/ Mystery-Bereich kommt und dann bis zur, man möge mir den Ausdruck verzeihen, Vergasung durchgenudelt wird.
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Beitragvon tOm~! » Mi 24. Jun 2015, 00:32

[quote=""Detoxx""]Die öffentliche Meinung wird dahingehend massiv beeinflusst[/quote]

https://www.youtube.com/watch?v=_aw9aRyjLcI

Alles wird gut ^^
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Beitragvon Malibu Al » Do 13. Aug 2015, 01:13

Hab mich mal entschieden, nachdem ich die Hörspiele von Europa sehr hart feiere, etwas von Dan Shocker´s MACABROS zu lesen.
Ich hab mich für den Roman "Die Leichenpilze kommen" entschieden, weil ich das Cover schon so derbst geil fand.
Nun muss ich nach den ersten Seiten schon sagen das mir der Kram weitaus besser gefällt als das was Jason Dark mit John Sinclair schon seit Jahrzehnten macht. Der Schreibstil in Macabros ist irgendwie böser und dreckiger, streckenweise auch echt fies.
Das gefällt mir also echt gut, dann mal sehen was mich noch so weiter erwarten wird.

Und hier mal das Cover des Romans, was schon echt (wenn man es etwas bearbeitet) ein geiles Poster wäre:

Bild

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#18

Beitragvon Hirnklops » Do 13. Aug 2015, 14:04

"Die Leichenpilze kommen"
Scheiße, wie geil ist DAS denn?
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Beitragvon Malibu Al » Do 13. Aug 2015, 15:43

[quote=""Hirnklops""]Scheiße, wie geil ist DAS denn?[/quote]

Ziemlich geil xD
Und das Cover würde ich mir glatt als Poster aufhängen, weil es hat echt einen herrlichen Old School B-Movie Charme :herz:

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Beitragvon Kevin Smash » Do 13. Aug 2015, 16:46

Was hält dich ab? Titelseite abscannen, die Teile die nicht mit auf's Poster sollen ausschneiden und das ganze dann in so nem Druckerladen in Posterformat ausdrucken lassen. Kann man relativ günstig machen, also bei uns zumindest ;)
Geschmack ist subjektiv, aber wer meinen nicht teilt, der hat keine Ahnung :D


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